Gründungslegende

Vom Grabhügel zur «Gesellschaft für vaterländische Alterthümer»

Wie es zur Gründung der Antiquarischen Gesellschaft kam, berichtet Ferdinand Keller in einer später verfassten farbenfrohen Schilderung, die sich am Anfang des ersten Sitzungsprotokolls von 1832 findet:

Näheres über die Gründung der Antiq. Ges.

Es war an einem Abend in den letzten Tagen des April oder den ersten des Monats Mai 1832, dass ich einen Spatziergang nach der sogenannten Batterie, die 500-600′ südlich von der Steffansburg, Gem. Riesbach, liegt, zu machen mir vornahm. Von der Weinegg her kommend und kaum in das Burghälzli eingetreten bemerkte ich jenseits des Bächleins, links vom Wege, auf einer mit Gestäuch besetzten erhöhten Stelle (in der Cantonskarte mit ‹A. Gräber› bezeichnet) einige Arbeiter, die mit dem Fällen von Bäumen und Aushacken von Wurzeln beschäftigt in einem lebhaften Gespräch begriffen waren. Ich trat hinzu und sah zu meiner grossen Ueberraschung, dass die Erhöhung auf der die Leute standen, ein Grabhügel war und dass dieselben aus dem Innern desselben einen Schädel, ein Paar Ringe und einige Kopfscherben herausgezogen hatten. Der Hügel glich vollständig dessen, womit Salisburg Plain besetzt ist und auch die Fundsachen hatten grosse Aehnlichkeit mit den Gratgegenständen in der von mir ein Paar Mal besuchten Sammlung des Sir Richard Hoare in Wilshire. Auf meine dringende Aufforderung, alle Ringe, die im Hügel gefunden worden waren, sorgfältig aufzubewahren, versprachen mir die Arbeiter, die ich über die Natur des Hügels belehrte, sämtliche Fundsachen dem Herrn Regierungsrath Hirzel im Hegibach zu überbringen. Ich unterliess nicht, mich die folgenden Tage wieder nach dem Burghölzli zu begeben, meine Freunde von dem Vorhandensein einer celtischen Begräbnissstätte in Kenntniss zu setzen und sie zur Gründung eines Vereins einzuladen, der sich zum Zwecke setzen würde, die Ausgrabung der noch nicht eröffneten Grabhügel im Burghölzli zu veranstalten, sodann die Nachforschungen über den ganzen Canton auszudehnen und die Resultate derselben dem Publikum in geeigneter Weise bekannt zu machen. 

Am ersten Juni versammelten sich in dieser Absicht die nebendstehend genannten sechs Herrn im Wirthshaus zum Heuel (Sonnenberg) und gründeten die «Gesellschaft für vaterländische Alterthümer». Am Schlusse dieser ersten Zusammenkunft wurde das Burghölzli besucht, ein fünfter Hügel unmittelbar rechts vom Eingang in das Burghölzli entdeckt und der Inhalt von zwei aufgedeckten Grabhügeln bei Herrn Regierungsrath Hirzel besichtigt.

Gleich nach Aufdeckung des ersten Hügels hatte diser Herr dem Polizeirath von dem Vorkommen von Todtengerippen im Burghölzli Anzeige gemacht, einige Fundgegenstände in den Sitzungen der physikalischen Gesellschaft vom 7. Mai und 5ten Juni vorgewiesen und war man im Falle, am 18. Juni der genannten Gesellschaft sowohl die Originale der Fundgegenstände als die von Herrn Conrad Zeller im Balgrist verfertigten Plane und Zeichnungen vorzulegen und die Ansichten der Alterthumsforscher über die Bedeutung dieser Grabstätte in einem ausführlichen Bericht vorzutragen.

Mittlerweile hatte sich die Ges. für schw. Alterthümer vom Gründungstage 1. Juni an jedem Freitag versammelt und am 15ten Juni eine Petition um Anerkennung und eines jährlichen Beitrag an die h. Regierungsrat ergehen lassen. 

Dr. Ferdinand Keller

(Quelle: StAZH W I 3 161.1)

Funde vom Burghölzli, publiziert 1837.