Peter Niederhäuser und Christian Sieber (Hg.)

Ein «Bruderkrieg» macht Geschichte

Neue Zugänge zum Alten Zürichkrieg

Manchmal als Toggenburger Erbschaftskrieg, als Schwyzer, Eidgenössischer, Österreichischer oder gar Armagnakenkrieg bezeichnet, spielt die seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert hauptsächlich «Alter Zürichkrieg» genannte Auseinandersetzung der Jahre zwischen 1436 und 1450 im kollektiven Gedächtnis gerade von Zürich eine grosse Rolle. Die als «Mord» von Greifensee gebrandmarkte Hinrichtung der zürcherischen Besatzung von Greifensee durch ein eidgenössisches Kriegsgericht, die Gegenspieler Ital Reding und Rudolf Stüssi und die Schlachten bei St. Jakob an der Sihl und an der Birs nehmen aber nicht nur im Zürcher, sondern auch im Schweizer Geschichtsbild einen wichtigen Platz ein. Die unterschiedlichen Bezeichnungen weisen gleichzeitig darauf hin, dass der mehrjährige Konflikt keineswegs einfach ein «Bürger-» oder «Bruderkrieg» zwischen Schwyz und Zürich sowie ihren Verbündeten war. Der Streit griff vielmehr weit in die benachbarten, auch süddeutschen Gebiete aus, und gekämpft wurde nicht nur mit militärischen, sondern auch mit propagandistischen und diplomatischen Mitteln. Im Vordergrund des Buches stehen aber nicht die politischen Hintergründe und militärischen Ereignisse, die mittlerweile gut bekannt sind, sondern Gesichtspunkte, die den Alten Zürichkrieg stärker von «unten» und von «aussen» erforschen. Aus der Optik einer Alltags-, Kultur- und Regionalgeschichte heraus sollen etwa die Auswirkungen auf die Bevölkerung, die Perspektive einzelner Akteure und Persönlichkeiten sowie die Rolle von vermeintlichen Nebenschauplätzen untersucht werden. Diese bisher weit-gehend vernachlässigten Themen machen deutlich, dass der Alte Zürichkrieg ein Konflikt vieler Dimensionen ist, dass Kriege nicht nur auf den Schlachtfeldern Spuren hinterlassen und dass auch «Verlierer» eine Geschichte haben und verdienen.

Inhalt: 

  • Peter Niederhäuser, Christian Sieber: Kriegsgeschichte(n) – ein Vorwort
  • Christian Sieber: Zur Einführung

POLITIK UND GESCHICHTE

  • Bernhard Stettler: Die Historiographie des Alten Zürichkriegs (15.-19. Jahrhundert)
  • Michael Jucker: Verstetigung und Verrechtlichung der Diplomatie. Krieg als Innovationsfaktor für die Politik (1415-1460)
  • Oliver Landolt: Das Alte Land Schwyz während des Alten Zürichkriegs

KRIEG UND ALLTAG

  • Christian Sieber: Der Vater tot, das Haus verbrannt. Der Alte Zürichkrieg aus der Sicht der Opfer in Stadt und Landschaft Zürich
  • Christian Sieber: Exkurs: Der reuige Eremit – Nikolaus von Flüe im Alten Zürichkrieg
  • Stefan Frey: Rudolf Stüssi – ein tragischer Held?
  • Werner Bosshard: Krieg und Todesvorbereitung. Zürcher letztwillige Verfügungen 1428-1445

DER BLICK VON «AUSSEN»

  • Fritz Rigendinger: «Ir hertz und sinn stuond fast gen Zürich». Der Alte Zürichkrieg aus der regionalen Perspektive des Sarganserlands
  • Pascale Sutter: Rapperswil – mehr als nur ein Bollwerk am See? Der Alte Zürichkrieg und seine Folgen für die Rosenstadt
  • Peter Niederhäuser: «Guot Sorg hat man zuo Winterthur» – Winterthur und der Alte Zürichkrieg
  • Andreas Bihrer: «Ein fürst des fridens». Vermittlungsbemühungen und Selbstinszenierung des Konstanzer Bischofs Heinrich von Hewen (1436-1462)
  • Dieter Speck: Albrecht VI. von Österreich und die «untreuen Schweizer»
  • Peter Niederhäuser: Der Fürst in der Ostschweiz. Eine Teiledition des Rechnungsbuchs von Herzog Albrecht VI. von Österreich