Peter Niederhäuser (Hg.)

Fremd in Zürich – fremdes Zürich?

Das multikulturelle Zürich ist heute in aller Munde. Dabei geht jedoch rasch vergessen, dass Zürich bereits vor hundert Jahren der «Schmelztiegel» der Schweiz war. Die «Fremden» kamen allerdings weniger aus der Ferne als aus benachbarten Gebieten, wirkten aber als Innerschweizer Katholiken, süddeutsche Dienstboten, italienische Maurer oder osteuropäische Juden gelegentlich nicht minder exotisch auf die Zürcher Bevölkerung als heutige Einwanderungsgruppen. Die Migration führte und führt zu einem mehr oder weniger heftigen Aufeinanderstossen unterschiedlicher Kulturen, doch Umstände und Folgen gerade für die Identität der Betroffenen sind weit vielfältiger, als ein oberflächlicher Blick glauben lässt.
Im Mittelpunkt des Buches stehen Themen, die das «Fremdsein» in Zürich nicht nur am Beispiel von Ausländerinnen und Ausländern, sondern auch von Wanderungsbewegungen innerhalb der Schweiz, von Sprachen, Religionen oder Weltüberzeugungen untersuchen. «Fremd» ist immer eine Frage der Wahrnehmung und kann einem raschen Bedeutungswandel unterliegen. Was gestern «fremd» war, scheint heute oft selbstverständlich. Abgesehen davon sind Fremde nicht unbedingt Ausländer – und Ausländer nicht immer Fremde. Solche Aspekte greifen die verschiedenen Beiträge auf, die um fremde Heimat, unterschiedliche Welten oder Politik und Migration kreisen.

Inhalt

  • Peter Niederhäuser: Fremde, Gastarbeiterinnen, Flüchtlinge, Ausländerinnen, Asylanten – eine Einleitung
  • Uri Robert Kaufmann: Zur Akkulturation der Juden in Zürich 1850-1900
  • Karin Huser: Fremd sein in Zürich. Ostjüdisches Leben an der Sihl
  • Jürg Ulrich: «Wie Fremdlinge im eignen Land». Versuch eines Schweizer Intellektuellen, in der Nachkriegszeit revolutionärer Sozialist zu sein – ein persönlicher Rückblick
  • Adrian Collenberg und Marc Dosch: «Steifresser & Schluchtaschisser» – Bündner in Zürich Andrée Lappé: Das französischsprachige Zürich
  • Peter Niederhäuser und Samuel Studer:
  • Den «Glauben vor aller Öffentlichkeit bekennen». Das Winterthurer Fronleichnamsfest als Manifestation des Diasporakatholizismus Elisabeth Joris: «Gli Italiani della Feller». Rekrutierung und Integration von italienischen Arbeitskräften in den 1950er und 1960er Jahren
  • Sarah Bolleter: Fremde Heimat. Italienerinnen in Winterthur 1960-1970
  • Dana Landau: Zwischen der Tschechoslowakei und der Schweiz
  • Beno Baumberger: Zwischen Vergangenheit und Zukunft. Die Bildung der serbischen Community in den 1990er Jahren
  • Eva Maeder und Daniel Glenck: Die «Nachfolger» Lenins: Weisse, Rote und andere Russen in Zürich
  • Markus Bürgi: Zürich: Stützpunkt der deutschen Sozialdemokratie während des Sozialistengesetzes
  • Regula Argast: Bürger machen? Das Scheitern der erleichterten Einbürgerung von Ausländern in der Stadt Zürich 1897-1905
  • Thomas Buomberger und Patrick Kury: Behördliche Überfremdungsbekämpfung und Überfremdungsbewegung. Zürcher Spuren eines wirkungsmächtigen Diskurses


Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Band 72
Neujahrsblatt Nr. 169
Chronos Verlag, Zürich (2005)
ISBN: