Mittwoch, 13. März 2024 18:30 Uhr: Vortrag

Prof. Dr. Harald Derschka

724: Die Gründung des Klosters Reichenau – auch ein schweizerisches Jubiläum

Harald Derschka ist ausserplanmässiger Professor für mittelalterliche Geschichte an der Universität Konstanz und Präsident des Bodensee-Geschichtsvereins. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Ideengeschichte des Hochmittel­alters, der Münz- und Geldgeschichte und zuletzt vor allem in der Landesgeschichte des Bodenseeraumes. Zum Jubiläum erschien soeben seine «Geschichte des Klosters Reichenau» im Kunstverlag Josef Fink (Lindenberg im Allgäu).

724 gilt traditionell als Jahr, in welchem Bischof Pirmin das Kloster Reichenau gründete. Aus diesem Anlass richtet Baden-Württemberg 2024 eine grosse Ausstellung in Konstanz aus. Allerdings betrifft das Jubiläum das Bundesland nicht exklusiv, denn die historischen Beziehungen der Benediktinerabtei Reichenau reichen weit in die heutige Schweiz hinein.

Dazu gehört zunächst der Grundbesitz, den die Könige und Kaiser dem Kloster übergaben. Bereits die Gründungs­ausstattung umfasste Güter am südlichen Unterseeufer, später folgten Rechte im Thurgau, am Zürichsee und in Grau­bünden. Damit wurden die vielfältigen klösterlichen Dienste für den König honoriert: das Gebet für den König und das Reich, die Verpflegung seines Hofs auf Reisen, die Ausrüstung von Panzerreitern. Zum Grundbesitz kamen Herr­schaftsrechte, insbesondere Gerichtsherrschaften. Viele Bewohner dieses Territoriums waren Reichenauer Gottes­hausleute.

Bei alledem war die Abtei Reichenau ihrem religiösen Stiftungszweck entsprechend eine geistliche Anstalt. Abhän­gige geistliche Gemeinschaften bestanden in Pfungen, Benken und Zurzach, die Abtei Einsiedeln geht auf eine Zelle des Reichenauer Mönchs Meinrad zurück, und Reichenau besass das Patronat über etliche Pfarrkirchen südlich des Rheins. Das Reichenauer Jubiläumsjahr bietet damit die Gelegenheit, nicht nur ein UNESCO-Welterbe zu feiern, sondern auch auf eine grenzüberschreitende Geschichte hinzuweisen.