Montag, 17. März 2014 18:30 Uhr: Vortrag

Dr. phil. Mylène Ruoss, Zürich

Die Glasgemälde im Gotischen Haus zu Wörlitz.

Bahnhof Buffet HB Zürich

Eine tiefe, knapp 20 Jahre andauernde Freundschaft verband ab 1782 den adeligen Fürsten Leopold III. Fried­rich Franz von Anhalt-Dessau (1740–1817) mit dem bürgerlichen Pfarrer Johann Caspar Lavater (1741–1801) aus Zürich. Ihre gemeinsame Begeisterung für die alte Kunst bildet den Ursprung der fürstli­chen Glasgemäldesammlung. Diese umfasst heute noch 231 Stücke aus dem Spätmittelalter bis ins ausge­hende 18. Jahrhundert. Es handelt sich um die älteste, in situ erhaltene Sammlung auf dem Kontinent. Die Schweizer Glasgemälde bilden darin den grössten Anteil, neben solchen aus Süddeutschland, Frankreich, England und den Niederlanden. Der Fürst liess die Scheiben ab 1783 in einen eigens dafür erweiterten Gartenpa­villon, dem Gotischen Haus im Wörlitzer Park, einbauen. Die Glasgemälde befinden sich in den grossen Fenstern mit Masswerkabschlüssen und seltenen farbigen Tongläsern.

Die Geschichte der Glasgemäldesammlung im Gotischen Haus ist aber auch eng mit den Reisen des Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau nach England verbunden. Anlass für den Fürsten, sich in ein solch teures Bauprojekt zu stürzen, war wohl seine schwierige politische Situation, in der er sich damals zu­sammen mit weiteren Fürsten kleiner Länder in Deutschland befand. Fürst Franz gilt als treibende Kraft bei der Gründung des „Fürstenbundes“.

Wir richten unser Augenmerk auf die beiden Glasgemäldezyklen mit den Bannerträgerscheiben aus dem alten Schützenhaus am Platz in Zürich, 1573­­–1575 von Jos Murer ausgeführt, und der Credofolge aus der Kirche Maur am Greifensee, 1511 in der Werkstatt Lux Zeiners entstanden, und gehen der Frage nach, wa­rum sich Leopold III. Friedrich Franz besonders für diese beiden Serien interessiert hat und sie von Zürich nach Wörlitz überführen liess.

Mylène Ruoss ist promovierte Kunsthistorikerin, Kuratorin am Schweizerischen Nationalmuseum und Mitautorin der Publikation „Die Glasgemälde im Gotischen Haus zu Wörlitz“, 2012 im Deutschen Verlag für Kunstwissenschaft Ber­lin erschienen.

AGZ-Vortrag-Ruoss-Woerlitz-17_03_2014