Montag, 21. November 2016, 18:30 Uhr: Vortrag

Dr. Anna Joss, Zürich

Sammeln für die Nation und zu wenig Platz

Einblicke in die Sammlungsgeschichte des Schweizerischen Nationalmuseums 1899-2007

Bahnhof Buffet HB Zürich, 1. Stock, Raum Alcina

Dr. Anna Joss ist Historikerin mit den Schwerpunkten Sammlungs- und Museumsgeschichte sowie Raum-, Wohn- und Baugeschichte. Sie arbeitet als Stellvertretende Leiterin bei der Denkmalpflege der Stadt Zürich.Das Schweizerische Nationalmuseum verfolgte seit seiner Eröffnung 1898 sehr unterschiedliche Sammlungstätigkeiten. Während sich die Geschichtsschreibung bisher vor allem für die Konstruktion von Nation und Prozesse der Identitätsbildung interessierte, untersucht Anna Joss in ihrer Dissertation die Sammlungspraxis. Sie zeigt, dass für die Museumsangestellten in ihren alltäglichen Tätigkeiten auch ganz andere als repräsentative Aspekte leitend waren: nämlich Objekte anzuhäufen, zu erforschen und zu erhalten.

Die Sammlungsgeschichte von Anna Joss rückt Protagonisten der Museumswelt in den Blick, die bisher wenig beachtet wurden: Kunsthändler, Donatorinnen, Schreiner, Vergolder, Restauratorinnen, Chemiker und andere mehr. Erzählt wird, welche Wege bekannte Sammlungsstücke wie die «Gotthardpost» und rätselhafte Dinge im Museumsbetrieb gingen und wie sich die Objekte selbst dabei nach und nach veränderten.

Im Zentrum des Vortrags steht die Samm­lungstätigkeit anfangs des 20. Jahrhunderts. In den 1910er-Jahren wurde die wachsende Sammlung des Schweizerischen National­museums zum drängenden Problem. Es war augenfällig zu wenig Platz für die Sammlung vorhanden.

Am Platzmangel entzündete sich unter den Vertretern der Politik und des Landesmu­seums zum ersten Mal seit der Gründung des Museums eine heftige Debatte über Sinn und Zweck des Museums, und die Praktiken und Ziele des Sammelns wurden grundsätz­lich überdacht. Noch während darüber diskutierte wurde, veränderte sich unter dem Druck der Menge die alltägliche Samm­lungsarbeit. So kam es Ende der 1920-Jahre zu einem wegweisenden Entscheid und mit dem Anhäufen war es vorbei.