Montag, 16. Januar 2017, 18:30 Uhr: Vortrag
Verkörperte Gegenreformation
Bahnhof Buffet HB Zürich, 1. Stock, Raum Les Trouvailles
Im 17. Jahrhundert nahm der Reliquienkult neue Dimensionen an. Bisher hatte man Knochensplitter oder Stoffstückchen in Reliquiare gefasst, nun stellte man in den katholischen Kirchen ganze Skelette von Heiligen zur Verehrung durch die Gläubigen auf. Diese aus den Katakomben von Rom stammenden Gebeine wurden als die Überreste von frühchristlichen Märtyrern angesehen. Oft waren es päpstliche Schweizergardisten oder Pilger, welche die Skelette in die katholischen Orte der Eidgenossenschaft brachten.
Kunstfertige Nonnen setzten die Gerippe wieder zusammen, kleideten sie in kostbare Stoffe und verzierten sie prunkvoll mit sogenannten Klosterarbeiten aus goldenen Fäden und Schmucksteinen. Anschliessend drapierte man das Skelett in einen Glassarg und plazierte diesen auf einem Seitenaltar, wo der geschmückte Leib als Katakombenheiliger seine ganze barocke Pracht entfaltete.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurden die Schreine mit den Katakombenheiligen vielerorts aus dem Kirchenraum entfernt. Dadurch gerieten diese Zeugen der frühneuzeitlichen Frömmigkeit mehr und mehr in Vergessenheit.