Montag, 19. Oktober 2015 17:30 Uhr: Vortrag
Wozu (Schweizer-)Geschichte?
Bahnhof Buffet HB Zürich – 1. Stock, Raum Alcina
Die Kontroversen um die Schweizergeschichte zeugen im vieldeutigen Jubiläumsjahr 2015 von erheblichen Differenzen zwischen universitärer und populärer Geschichtskultur. Heute öffnet sich in der Deutschschweiz die Schere zwischen den von den Geschichtswissenschaften erforschten und den in der Volksschule repräsentierten Themen besonders weit: An der Universität Zürich wird Schweizergeschichte als Studienfach abgeschafft, während gleichzeitig im Lehrplan 21 die Schweizergeschichte aufgewertet wird.
Seit den Anfängen der Volksschule wird der Geschichtsunterricht in diesem Spannungsfeld positioniert. Welche Zielsetzungen wurden im 19. und 20. Jahrhundert mit dem Schulfach verfolgt? Welche Erwartungen verbanden Vertreter von Wissenschaft, Politik und Schule mit Schweizergeschichte als Schulstoff? Und wie verändert die Aufbereitung für die Volksschule das damals verfügbare Wissen über Schweizergeschichte?
Im Zentrum stehen prominente Vertreter des Fachs, die nach der Bundesstaatsgründung in der Politik, an den Hochschulen und in der Volksschule Einfluss nahmen, wie beispielsweise Salomon Vögelin, der nicht nur Geschichtslehrmittel für die Volksschule verfasste, sondern auch als Nationalrat dem Landesmuseum den Weg bahnte und an die Hochschule berufen wurde. Nicht wenige dieser Geschichtsfreunde bereicherten durch ihre Tätigkeiten zudem die Antiquarische sowie vergleichbare historische Gesellschaften anderer Kantone. Im Referat werden erste Resultate aus einem vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierten Forschungsprojekt zur Geschichte des Schulfachs präsentiert.
Sabina Brändli, Prof. Dr. phil., wechselte nach Studium, Promotion und Assistenzzeit an der Universität Zürich in die Lehrerbildung, zunächst in den Kanton Aargau. Seit 2003 ist sie Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Zürich und leitet heute den Fachbereich Geschichte / Politische Bildung. Die Geschichte des Schulfachs beschäftigt sie im Rahmen der Sprachregionen übergreifenden Forschungskooperation von zwei Universitäten und drei Pädagogischen Hochschulen, welche die „Transformation schulischen Wissens“ in der Volksschule seit 1830 untersucht (Gesamtleitung, Prof. Dr. Lucien Criblez, Universität Zürich). Sie leitet das Teilprojekt der Pädagogischen Hochschule Zürich mit dem Titel „Historisch-politische Bildung in Deutschschweizer Lehrmitteln und Lehrplänen seit 1830“.